20 Jahre Alpenstadt des Jahres

Jubiläen geben Anlass zurückzublicken. Der Verein „Alpenstadt des Jahres“ feiert dieses Jahr seinen zwanzigsten Geburtstag. Genau genommen sind 20 Jahre ein Alter, in dem man den Kinder- und Jugendschuhen entschlüpft und langsam erwachsen wird. Auch die Alpen-Netzwerke, in den 90ern zum Schutz und zur Stärkung des Bewusstseins und Lebensgefühls in den alpinen Gemeinden und Städten entstanden, lassen ihre Jugendjahre hinter sich.

Nachdem die Alpenstaaten 1991 die „Alpenkonvention“ zum Schutz der Alpen unterzeichnet hatten, sprossen viele Ideen. Zwei dieser Ideen sind der Verein „Alpenstadt des Jahres“, sowie das alpine Gemeindenetzwerk „Allianz in den Alpen“. Beide wurden 1997 aus der Taufe gehoben. Die Ursprungsgedanken Nachhaltigkeit zu fördern, Ökologie und Ökonomie zu verbinden, waren seinerzeit noch unberührtes Neuland für viele. Heute schmückt sich fast jedes Unternehmen, jede Region oder Initiative mit ökologischem Gedankengut. Manchen jedoch bedeutet diese Symbiose weit mehr, wie beispielsweise bestimmten Alpenstädten, die sich im Verein „Alpenstadt des Jahres“ gegenseitig stärken.

Tolmezzo ist Alpenstadt des Jahres 2017

Alles begann in Villach

Der Vorschlag, einer Stadt den Titel „Alpenstadt des Jahres“ zu verleihen, entsprang genau genommen dem Wunsch der Basis selbst, der österreichischen Stadt Villach (Kärnten/A). Villach wurde in Folge 1997 als erste zur „Alpenstadt des Jahres“ für zwei Jahre gekürt. In diesem Zeitraum installierte die Stadt in einem Jugendprojekt die ersten Solarpaneele und die Auszeichnung ermöglichte die Errichtung des Naturparks Dobratsch.

Der von 1995 bis 2004 amtierende Jury-Präsident des Vereins, Andreas Weissen, wie auch der amtierende Präsident Norbert Weixlbaumer (Universität Wien), meinen: „Es hängt von der Stadt ab, ob sie die Auszeichnung als Initialzündung nutzt oder als Strohfeuer ausbrennen lässt.“ Es folgten jährlich Auszeichnungen von Maribor (Slowenien), über Sonthofen (Deutschland) nach Chamonix (Frankreich) und viele mehr. Heute können sich 19 Alpenstädte bereits mit dieser Auszeichnung schmücken. Jede Stadt im Alpenraum, die bereit ist den Beweis zu erbringen, dass Ökologie und Ökonomie einander nicht ausschließen, sondern sich zukunftsweisend und sinnvoll ergänzen, kann sich für den Titel bewerben.

Der Vorstand von „Alpenstadt des Jahres“ (2017): Bojan Sever, Bürgermeister der Alpenstadt Idrija (Slowenien), Ingrid Fischer, Dritte Bürgermeisterin der Alpenstadt Sonthofen (Deutschland) und Präsident Thierry Billet, Vizepräsident Grand Annecy für Luft-, Klima- und Energiepolitik (Frankreich). © Alpenstadt des Jahres

Über nationale Grenzen hinweg

Gemeinsames Entwickeln, Zusammenwachsen, Treffen, Ideenpools, Think-Tanks, Aktionen sowie Feste prägen die Arbeit des rührigen Vereins. Das Zusammenarbeiten entzündet das Feuer, sind sich die AkteurInnen einig. Angesiedelt ist der Verein „Alpenstadt des Jahres“ als verwaltende Institution in Schaan, Liechtenstein, der offizielle Sitz ist in Bayern, Bad Reichenhall. Das Nahverhältnis zur Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA prägt auch die Vereins-Aktivitäten. Zahlreiche Projekte verzahnen sich in ihren Zielsetzungen und Aufgaben im Alltag. „Diese enge Zusammenarbeit der AkteurInnen und Plattformen ergibt großen Sinn. Verfolgen wir doch alle dieselben Ziele mit unterschiedlichen Zugängen“, unterstreicht Claire Simon, Geschäftsführerin des Vereins „Alpenstadt des Jahres“. „Durch das Netzwerk werden Projekte ermöglicht und es wird eine Kultur der Nachhaltigkeit gefördert“, erklärt der aktuelle Präsident des Vereins, Thierry Billet, Mitglied des Gemeinderats der Alpenstadt Annecy in Frankreich.

Die Jugend im Fokus

Städte in den Alpen sind meist mittelgroß, besitzen Charme und noch teils ländlichen Charakter. 40 Prozent der alpinen Fläche werden von Alpenstädten bedeckt, jedoch 65 Prozent der alpinen Bevölkerung lebt in diesen mittleren Ballungsräumen. Sie bilden kulturell, sozial, wie auch wirtschaftlich die Zentren der alpinen Regionen.

Eine Herausforderung ist es, besonders die Jugend sowie gut ausgebildete Menschen in der Region zu halten. Es gilt die Vorteile und Möglichkeiten eines Lebensstils im alpinen Umfeld sichtbar und schmackhaft zu machen und attraktive Standards zu bieten. Beispiel: das derzeit internationale Jugendprojekt GaYA (Governance und Youth in the Alps) hat sich zum Ziel gesetzt, Jugendliche stärker in das politische Leben einzubinden. „Alpenstadt des Jahres“ ist dabei ein wichtiger Partner mit direkter Verknüpfung zur Basis in den Städten, Jugendgruppen und politischen AkteurInnen vor Ort.

Der Jugend Gehör zu verschaffen und sie in Enscheidungsfindungen miteinzubeziehen ist ein zentrales Anliegen der Alpenstädte. © Stadt Annecy

Ökonomie und Ökologie verbinden

Weitere Schwerpunkte denen sich der Verein widmet sind beispielsweise der nachhaltige Umgang mit Brachflächen und Konversionsflächen, wie leere Kasernen oder Industrieflächen, denen ein neuer Nutzen zugefügt werden soll, die Förderung einer Grünen Wirtschaft in den Alpenstädten, die Biodiversität in der Stadt oder die Luftqualität in den Alpenstädten, zu der im Moment eine Forschungsarbeit läuft.

Das Verwurzeln der Nachhaltigkeit in den Alpenstädten ist ein steter Prozess und verlangt Aktionen in den vielfältigsten Bereichen. Inzwischen ist jedoch ein breites Netzwerk entstanden, in dem gute Praktiken und Ideen geteilt werden. Angesichts der enormen globalen Klimaerwärmung leisten die Alpenstädte ihren Anteil, um die Ursachen und Folgen einzudämmen.

Global denken – lokal handeln

Aktuelle gesellschaftliche Studien, politische AkteurInnen und Gremien, wie auch der Vorstand des Vereins oder die Entscheidungsträger und -trägerinnen vor Ort sind sich einig: Alle großen Veränderungen beginnen im Kern, in der kleinsten Zelle der Gesellschaft: in Familien, in den Gemeinden und Städten und in den Regionen vor Ort. Große Pläne und Worte verpuffen, wenn nicht lokal direkte Maßnahmen gesetzt und Bewusstsein geschaffen wird.

Den Fokus schärfen

Voneinander lernen, in die Zukunft blicken, Ideen kreieren, Begegnungen schaffen. Dies sind nur einige Eigenschaften und Ziele, um die sich das ganze Netzwerk dreht. Zum Jubiläumsjahr wird der Fokus sowie das öffentliche Profil nochmals neu geschärft: Die Identifikation der Alpenstädte als starke Vereinigung, die Jugend sowie die Zusammenarbeit zwischen den Städten soll gestärkt werden. Die Alpenstädte des Netzwerkes sollen noch aktiver und sichtbarer sich ihrer wichtigen Rolle als „Local-Global-Player“ bewusster werden.

Jubiläumsfeier im November in Villach: Projekte, Menschen, Freundschaften

Das 20-Jahre-Jubiläum von „Alpenstadt des Jahres“ wird heuer im November in Villach gefeiert, in der einst ersten ausgezeichneten Stadt. Das selbstbewusste Motto „Urban passion for the Alps“ prägt die Tagung und die Festlichkeiten. Das ganze Jahr 2017 über fanden und finden in den einzelnen Alpenstädten anlässlich des Jubiläums Veranstaltungen statt. So hat Tolmezzo den ersten Honigwettbewerb der Alpenstädte ausgerufen oder Idrija Alpenstädte-Menüs kreiert und zur Verkostung gereicht. Die Organisation ist in Bewegung und im Aufschwung. So wie es sich für junge Erwachsene eben gehört – mit klarem Blick nach vorne.

Villach © Roland Ster
In Villach, der Alpenstadt des Jahres von 1997, wird das 20 Jahre Jubiläum zelebriert. © Roland Ster