Wirkungsvolle Klima-Maßnahmen
Zuhören, sich in die Rolle der anderen versetzen und ihre Bedürfnisse berücksichtigen: So kann die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern funktionieren. Dies war eine Erkenntnis der Onlineveranstaltung zum Abschluss des Projekts „Climate Action in Alpine Towns“, bei dem die acht teilnehmenden Städte zeigten, welche niedrigschwelligen Klimamaßnahmen sie gestartet haben. Erfahrungen aus anderen Initiativen zur Anpassung an den Klimawandel ergänzten das Programm.
„Radwege müssen gebaute Einladungen sein“, erklärt Ingrid Fischer, 2. Bürgermeisterin in Sonthofen/DE. Diesem Leitspruch folgt die Alpenstadt nicht erst seit der Teilnahme am Projekt „Climate Action in Alpine Towns“. Sonthofen möchte durch verstärkten Radverkehr den Autoverkehr und somit den CO2 Ausstoß reduzieren, darum setzten sie im Rahmen des Pilotprojekts weitere Schritte in Sachen Radmobilität. Die Stadt Belluno/IT widmete sich der klimafreundlichen Umgestaltung von öffentlichen Räumen, besonders von Schulen. Schülerinnen und Schülern legten in enger Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung selbst Hand an, gestalteten und bepflanzten Schulgärten und erfuhren Nützliches über Grünräume, Erhöhung des Insektenvolumens und Klimaschutz. Die slowenische Stadt Idrija rückte die Natur in den Fokus. Ein leerstehendes Bergbau-Gelände wurde zum gemeinsam gestalteten kreativen Zentrum, zum Ort vielerlei Veranstaltungen und ein Treffpunkt für alle.
Details zu den Maßnahmen dieser und der Partnerstädte Annecy/FR, Brig-Glis/CH, Chambéry/FR, Trento/IT sowie Tolmin/SL finden sich hier in Texten und Videos.
Schwammstadt und urbane Nachhaltigkeit
Ivone Pereira Martins von der European Environment Agency bestärkt die Maßnahmen der Alpenstädte: „Es gibt keine kleinen Projekte. Wenn mit einer Schule oder einer kleineren Gemeinde etwas umgesetzt wird, dann zählt jede Aktivität.“ Sie sieht vier Bereiche für mehr „Urban Sustainability“ und in denen eine Stadt im Hinblick auf den Klimawandel aktiv werden muss: Energie, Gebäude und Design, Natur in der Stadt sowie Resilienz.
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Stefan Hasler vom Verein Schweizer Abwasser veranschaulichte eindrücklich das Konzept der Schwammstadt in Basel/CH. Er sprach etwa von den so genannten No-regret Strategien, also Maßnahmen, die bereits jetzt umgesetzt werden können, ohne dass alle Dimensionen des künftigen Klimawandels bekannt sind. „Schwammstadt ist genial“, ist Stefan Hasler begeistert. „Denn mit denselben Maßnahmen lassen sich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Durch besseren Oberflächenabfluss lassen sich Überschwemmungen vermeiden, es gibt weniger Hitzeinseln und mehr Biodiversität, die Wohnqualität wird gefördert und ein wertvoller Beitrag zu Netto-Null geleistet.“ Er ist überzeugt, dass die Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen sollten und richtete einen Appell an die Anwesenden: „Tun wir alles, was wir können, um unsere Städte mit blau-grünen Infrastrukturen widerstandsfähiger und lebenswerter zu machen!“
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Partizipation & kreatives Miteinander
In vier Kurz-Inputs drehte sich im Anschluss alles um Klimawandelanpassung in Österreich. Nathalie Aubourg stellte «Climathon» (www.climathon.at) vor. „Bei diesem spannenden 24-Stunden-Ideen-Marathon entwickeln die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger gemeinsam Lösungen, wie eine Stadt den Klimaveränderungen begegnen kann“, so Aubourg. Die Initiative findet weltweit in rund 60 Ländern und 160 Städten statt. In Österreich wurde der Climathon beispielsweise in Graz in der Steiermark bereits viermal durchgeführt.
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In Österreich gibt es insgesamt 80 sogenannte Klimawandel-Anpassungs-Regionen („KLAR! Regionen“). Sie stellen sich gemeinsam den Folgen des Klimawandels und setzen Projekte im Rahmen des KLAR!-Förderprogramms (www.klar-anpassungsregionen.at) um, erklärt Martina Offenzeller. Die Maßnahmen reichen dabei von Bepflanzungsaktionen und Krisenkommunikations-Schulungen für regionale Akteur:innen, klimafitte Renovierungen von öffentlichen Gebäuden oder Infobroschüren zum Klimawandel für Schüler:innen.
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Auch die KlimaKonkret-Initiative (www.klimakonkret.at) unterstützt Gemeinden und Städte, sich aktiv für eine zukunftsorientierte und lebenswerte Vision – vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Klimawandels – einzusetzen. „Wir kennen die komplexen Prozesse in Kommunen“, erklärt Geschäftsführerin Pia Knappitsch. „Diese werden oft verlangsamt, weil es keine klaren Visionen gibt.“ Das Netzwerk aus Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen hilft, diese Visionen für einen Wandel gemeinsam zu träumen. 2020 haben sie einen KlimaKonkret-Plan ausgearbeitet, der am Beispiel einer prototypischen Gemeinde aufzeigt, welche konkreten Möglichkeiten für die Klimawandelanpassung zur Verfügung stehen in den vier Handlungsfeldern Grünräume, Mobilität, Klimagerecht Bauen und Siedeln sowie Wasser. Der grafisch sehr ansprechend illustrierte Plan zeigt, dass es viele Schrauben gibt, an denen gedreht werden kann und dass der richtige „Maßnahmen-Mix“ zu positiven Synergieeffekten führt.
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Eine hilfreiche Drehscheibe für das Thema Klimawandel ist auch das CCCA, das Climate Change Centre Austria (www.ccca.ac.at). „Wir sind eine Anlaufstelle für Forschung, Politik, Medien und Öffentlichkeit für alle Fragen der Klimaforschung in Österreich“, erklärt Katrin Brugger. „Die Klimaforschung darf nicht nur auf Naturwissenschaften beschränkt werden. Es geht um Tourismus, Gesundheit, Infrastruktur, Ethik, Wirtschaft, Rechtsprechung, Digitalisierung und vieles mehr.“ Das CCCA ist daher mit Expert:innen aus sämtlichen Richtungen im ständigen Austausch.
Justice for nature
Die Initiative „Krater“ (www.krater.si), eine Art mobiles, kreatives Produktionslabor in Slowenien rundete das Webinar ab. Danica Sretenovic und Gaja Mežnarić berichteten von einem brachliegenden Areal in Ljubljana, auf dem der „Palace of Justice“ gebaut werden sollte. Die Initiative lobbyierte, das Areal als freie Grünfläche und wichtigen Korridor für Flora und Fauna zu belassen. Sie zeigten mit wissenschaftlichen Daten und Fakten, dass Versiegelung zwar sehr schnell passiert, es aber dann wieder tausend Jahre braucht, bis sich der Boden regenerieren kann. Krater plädiert für eine andere Art von „Justice“, Gerechtigkeit für die Natur, Tiere und Pflanzen. Ihre Bemühungen blieben fruchtlos, der Grünraum wird dem Justizpalast weichen. Er soll aus ihrer Sicht nun als Denkmal – oder eher Mahnmal – dienen, dass Boden wertvoll ist. Nicht nur in Slowenien, sondern in allen Alpenländern, wo wertvolle Flächen täglich versiegelt und verbaut werden.
[Referate über die Strategien von Krater (en)]
Das Projekt «Climate Action in Alpine Towns» wurde umgesetzt durch die Alpenstädte des Jahres Trento, Annecy, Belluno, Chambéry, Sonthofen, Tolmin, Idrija und Brig-Glis, koordiniert durch den Verein Alpenstadt des Jahres mit finanziellem Beitrag des Schweizer Bundesamtes für Raumentwicklung im Rahmen der Schweizer Präsidentschaft der Alpenkonvention und mit Unterstützung von Deutschland, Österreich, Slowenien, Norwegen, der Europäischen Kommission und der Alpenkonvention im Rahmen der internationalen Begleitgruppe der Territorial Agenda.