Plädoyer für ein neues Miteinander zwischen Stadt und Berggebiet

Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Vereins Alpenstadt des Jahres in Cuneo fand am 17. Mai eine öffentliche Session zu neuen Beziehungen zwischen dem städtischen und ländlichen Raum statt. Die Veranstaltung beleuchtete die verschiedenen Dimensionen und Überlegungen rundum das Thema. Dabei wurden drängende gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel, die Rolle der Städte und Bergregionen und die Aufwertung alpiner Ressourcen thematisiert.

Rund 50 Personen fanden sich im Saal der Fondazione CRC ein, um Inputs von Expertinnen und Experten zu Governance-Strategien, neuem Unternehmertum in Berggebieten, die Wertschöpfung aus Ökosystemressourcen oder die Zukunft des Tourismus zu hören.

Neue Governance in den Alpen
Gianluca Cepollaro, Geschäftsführer von STEP (Scuola per il governo el Territorio e del Paesaggio) und stellvertretender Geschäftsführer der Trentino School of Management, erklärte in seinem Input, dass Berggebiete vor großen Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcennutzung, Dienstleistungsbereitstellung und Lebensqualität stehen. Diese Herausforderungen erfordern neue Strategien, um Bündnisse zu schaffen, die verschiedene Themen und Ebenen miteinander verbinden. Etwa kollektives Lernen und Kreativität, die grundlegend sind für die die Entwicklung von Visionen, die Umwelt, Wirtschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Cepollaro sprach vom Troxler-Effekt, wobei der Fokus auf das Zentrum den Blick für das Umfeld trüben kann. Daher sei die Förderung von Talenten, ein offener Umgang, Austausch und Netzwerkdenken so wichtig. (> www.tsm.tn.it/territorio-paesaggio-cultura)

Präsentation [it]

Neues Unternehmertum in Berggebieten
Mariolina Pianezzola (LAG Tradizione delle Terre Occitane) erzählte von den 14 piemontesischen lokalen Aktionsgruppen (LAG), die die wirtschaftliche und soziale Wiederbelebung der ländlichen Gebiete fördern. Die Strategien erarbeiteten die Gruppen gemeinsam mit lokalen öffentlichen und privaten Akteuren nach dem Bottom-up-Ansatz. In der ersten Projektphase wurden über 9 Mio. Euro für Unternehmertum, Lieferketten- und Netzwerkprojekte sowie Maßnahmen von Verbänden, Gemeinden und Parkbehörden investiert. Für die Entwicklung neuer Strategien zwischen werden seit 2023 rund 180 Unternehmen aus Landwirtschaft, Handwerk, Tourismus und Handel unterstützt, etwa in ihren Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, zur Förderung der Biodiversität, der Wiederbelebung der Gemeinden und der Steigerung der kulturellen und touristischen Attraktivität. Frau Pianezzola unterstrich die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den Unternehmen und die Verbindung von Produzent:innen mit touristischen Dienstleistungen. (> www.tradizioneterreoccitane.com)

Präsentation [en]

FuTurismus: gegen touristische Monokultur
Das Thema Tourismus wurde von Hotelier und Buchautor Michil Costa weiter vertieft. Er sprach sich für einen neuen Sinn des Tourismus aus, gegen die Industrialisierung und für eine Kultur der Gastfreundschaft basierend auf Gemeinwohl, Nachhaltigkeit und Menschlichkeit. Costa erläuterte, dass Massentourismus negative Spuren hinterlasse und die Tourismusbranche unter Fachkräftemangel leide. Es läge daher an den Unternehmen, Mitarbeitende auszubilden, da die Politik nicht ausreichend unterstütze. Es sei zudem nötig, Touristenströme zu regulieren angesichts steigender Besucherzahlen aus China und Indien. Die Nutzung von Apps könne hier hilfreich sein, außerdem fordert Costa mehr lokale Beteiligung und den Einbezug von Einheimischen. „Echte Gastfreundschaft und nachhaltige Beziehungen sind der Schlüssel zur Lösung der Probleme im alpinen Tourismus“, ist Michil Costa überzeugt. (> www.michilcosta.com)

Der Wald als Ökosystemleistung
Susanna Longo (Finpiemonte) und Fabio Petrella (IPLA – Istituto per le Piante da Legno e l’Ambiente) stellten das Projekt «Forest EcoValue» vor, das vom Interreg-Programm Alpine Space kofinanziert wird. Das Projekt hat das Valle Tanaro als Pilotregion ausgewählt und untersucht den ökologischen und wirtschaftlichen Wert von Wäldern, um deren nachhaltige Nutzung und Erhaltung zu fördern. Ziel ist es, die vielfältigen Vorteile, die Wälder bieten – wie saubere Luft, Wasser, Biodiversität und Erholungsmöglichkeiten – besser zu verstehen und zu bewerten. Damit sollen Entscheidungsträger und die Bevölkerung informiert und motiviert werden, Wälder zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften. (> www.alpine-space.eu/project/forest-ecovalue)

Präsentation Longo [en]
Präsentation Petrella [en]

Strategien der Zusammenarbeit
Für den letzten Beitrag standen Loris Servillo und Antonio de Rossi vom Politecnico Turin auf der Bühne. Sie sprachen über das «Mezzaluna»-Projekt, das gemeinsam mit der Stadt Cuneo durchgeführt wird und den Fokus auf die Zusammenarbeit zwischen Städten und ihrem Umland legt. Stadträtin Sara Tomatis ergänzt: «Ein Schritt ist die ‘Carovana dei Giovani’, eine Arbeitsgruppe aus jungen Menschen, die in den fünf umliegenden Tälern wohnen. Sie pendeln in die Städte – zum Studium oder zur Arbeit – und kartieren ihre Bewegungen. Dies schafft ein besseres Verständnis für Bedürfnisse und Potenziale, wodurch wir bessere politische Entscheidungen treffen können. Es ist wichtig, dass Städte und Täler eine Synergie erarbeiten.“

Präsentation [en]