Alpenstädte als Schlüssel für nachhaltige Entwicklung

Im Rahmen der Schweizer Präsidentschaft der Alpenkonvention wurde der neunte Alpenzustandsbericht mit dem Titel «Alpine Towns» vorgelegt. Er beleuchtet, wie das alpine Siedlungssystem die nachhaltige Entwicklung der Alpen behindert oder fördert. Der Verein Alpenstadt des Jahres hat sich in seiner Rolle als Beobachter-Partei der Alpenkonvention am Bericht beteiligt. 

Der neunte Alpenzustandsbericht (RSA9) reflektiert über die Rolle der Städte und wie sie die Entwicklung der Alpen beeinflussen. Er bietet zwei verschiedene Ansätze: einen analytischen, bei dem Karten, Fakten und Debatten die Diskussion anregen. Zweitens einen vorausschauenden Ansatz, bei dem fünf Szenarien Antworten auf die Frage geben, wie die Alpenstädte im Jahr 2050 aussehen könnten. Dies soll helfen, Trends vorausschauend zu erkennen, damit heute schon gute Lösungen für die Zukunft entwickelt werden können.

Bedeutung für unseren Verein

Wir freuen uns, dass der 9. Alpenzustandsbericht den Fokus auf die alpinen Städte legt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Verein Alpenstadt des Jahres auf dem richtigen Weg ist, und dies seit mittlerweile 25 Jahren. Die Ergebnisse geben uns ebenso wertvolle Impulse für unsere zukünftigen Aufgaben.

Verdichtet finden sich die Ergebnisse des Berichts in folgenden vier Postulaten wider:

  1. Alpenstädte haben eine Schlüsselrolle, unabhängig ihrer Größe

Alpenstädte sind oft klein, haben aber eine große Bedeutung für ihr Umland: Man könnte sagen, dass die Einwohnerzahl einer Alpenstadt mit einem „Faktor zehn“ multipliziert werden sollte, um ein Gefühl für ihre Bedeutung im Vergleich zu Städten außerhalb der Alpen zu bekommen. Dies hat politische Auswirkungen: Eine Stadtpolitik, die nur die Bevölkerungsgröße der Siedlungen berücksichtigt, passt nicht zu den Alpen.

 

  1. Alpenstädte verbinden städtische und ländliche Gebiete

In den Alpenstädten kommen Menschen, Wirtschaftsakteur:innen, Ideen, Ressourcen und kulturelle Aktivitäten zusammen. Sie sind verbunden mit der alpinen Natur und Landschaft, aber auch mit großen Ballungsräumen. Sie vermitteln zwischen ländlichen Gebieten und den wichtigsten Metropolen in und um die Alpen. Aufgrund dieser Rolle können Alpenstädte nicht nur nachteilige Entwicklungen abfedern, sondern auch positive Impulsive auf ihre Umgebung ausstrahlen.

 

  1. Alpenstädte als Vorreiter

Alpenstädte sind vergleichsweise wohlhabend, vielfältig, haben eine zentrale Lage in Europa und einzigartige Potenziale. Diese müssen sorgfältig und strategisch entwickelt werden, da die Zukunft besondere Herausforderungen mit sich bringt. Der Versuch, den Status quo beizubehalten und dabei mögliche Kipppunkte zu ignorieren, führt zu sehr unsicheren Zukunftsaussichten. Die Alpenstädte müssen vielmehr eine Vorreiterrolle bei der Bewältigung der Klimakrise und der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Auswirkungen der zunehmenden Urbanisierung übernehmen. Die frühzeitige Anwendung neuer Strategien angesichts des Klimawandels und anderer Transformationsprozesse verschafft ihnen eine Vorreiter-Rolle.

 

  1. Alpenstädte als Netzwerk-Knotenpunkte

Viele Entwicklungsmöglichkeiten der Alpenstädte scheinen stark von der nationalen Zugehörigkeit abzuhängen. Einerseits kann dies zu einem positiven Wettbewerb für Ideen und Ansätze führen. Andererseits treffen die verschiedenen politischen Systeme im Alpenraum mit seinen vielen Grenzen aufeinander, wo zahlreiche Städte durch zunehmende Pendler-, Freizeit- und Handelsströme unter Druck geraten.
Die grenzüberschreitende Dimension des Siedlungswesens wird jedoch noch stark vernachlässigt. Es gibt nur sehr wenige inneralpine Netzwerke und die Verbindungen über die Alpen hinaus sind auf die Metropolen am Alpenrand ausgerichtet. Chancen liegen in transnationalen, europäischen und globalen Netzwerken, in der Zusammenarbeit in funktionalen Bereichen und in der Einbeziehung der Öffentlichkeit.

Am 9. November 2022 wurden die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bericht an einer Online-Konferenz vorgestellt und eine Umsetzung in der Praxis diskutiert. Die Analysen, Szenarios, Karten und Blogbeiträge des RSA9 finden sich nun in englischer Sprache auf https://alpinetowns.alpconv.org. Gedruckte Exemplare in allen Sprachversionen können beim Ständigen Sekretariat der Alpenkonvention bestellt werden (eMail). Die Mitgliedsstädten des Vereins erhalten ein Exemplar.

Foto: David Schweizer